Keine Geldstrafe gegen Klub trotz Fehlverhaltens des Anhängers – Urteilsanmerkung von Rainer Cherkeh in SpuRt

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03.08.2017

Die Verhängung von Geldstrafen an Klubs durch die Sportgerichtsbarkeit des DFB als Reaktion auf das Fehlverhalten der „Anhänger“ des Klubs ist im Anwendungsbereich der RuVO-DFB ständige Praxis. Ausgangspunkt ist dabei § 9 a RuVO-DFB, der die strikte Einstandspflicht der Klubs für das Fehlverhalten seiner Anhänger vorsieht, im Ergebnis selbst dann, wenn dieses durch strengste Sicherheitsmaßnahmen des Klubs nicht zu verhindern war.

In der aktuellen Ausgabe (Heft 4/2017) der Fachzeitschrift SpuRt (Zeitschrift für Sport und Recht) 2017, 169 ff  ist ein für die Praxis (DFB-Sportgerichtsbarkeit) spannendes Urteil des Obersten Verbandssportgerichts des Niedersächsischen Fußballverbandes e.V. vom 08.03.2017, OVG 02 -16/17 veröffentlicht, das folgende Leitsätze hat:

  1. Für die Verhängung einer Geldstrafe reicht es nicht aus, dass der „Täter“ schuldhaft gehandelt hat; vielmehr muss die Tat nach Verschuldensgesichtspunkten demjenigen zurechenbar oder vorwerfbar sein, der Adressat der Verbandsstrafe ist.

  2. Die verschuldensunabhängige Haftung gemäß den Regelungen der RuVO des DFB ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht uneingeschränkt haltbar.

  3. Die seitens eines Verbandes gegen den an seinem Ligaspielbetrieb teilnehmenden Klub verhängte Geldstrafe hat keinerlei wettkampfsichernde Funktion. Daher kann die Verbandsautonomie das mit Verfassungsrang ausgestattete Verschuldensprinzip in diesem Fall nicht verdrängen.

In seiner Besprechung dieses Urteils, das von der Rechtsprechung der DFB-Sportgerichtsbarkeit abweicht, fasst Rainer Cherkeh zusammen:

Die sorgfältig begründete Entscheidung (…), die den unterschiedlichen Charakter von Sanktions- und Präventionsmaßnahmen anführt und den Verfassungsrang des Verschuldensprinzip unterstreicht, hat das Potential, diese „ständige Übung“ der DFB-Sportgerichtsbarkeit aufzubrechen und die Frage der rechtlichen Wirksamkeit von § 9 a RuVO-DFB (…) abermals und kritisch in den Fokus zu rücken.“,

veröffentlicht in SpuRt (Zeitschrift für Sport und Recht) 2017, 172 f.